Gewerbeentwicklung in Haar – auf zu neuen Ufern
Die großen Schilder mit der Aufschrift „zu vermieten“, die vor einigen der großen Bürokomplexe in unserer Gemeinde stehen, sprechen eine deutliche Sprache. Die Zeiten haben sich geändert.
Der Trend, Bürostandorte zu verkleinern hat auch vor den Unternehmen in Haar nicht haltgemacht. Und trifft uns, die wir fast ausschließlich über von Büroarbeit geprägte Gewerbegebiete verfügen besonders hart.
Vor allem zwei Gründe befeuern diese Entwicklung: vorhandene Arbeitsplätze werden effizient, also nach Bedarf genutzt und das mittlerweile zur Normalität gehörende „Home-Office“ ist fester Bestandteil der modernen Arbeitswelt. Individuell zugeordnete Arbeitsplätze gehören vielerorts bereits der Vergangenheit an. Was an Räumen für das Bearbeiten anstehender Aufgaben benötigt wird, wird im Betrieb tagesaktuell gebucht. Sei es ein Schreibtisch im Großraum, ein Einzelbüro, ein Raum zum Online-Meeting, ein Kreativraum oder ein größeres Besprechungszimmer, sämtlicher Bedarf wird flexibel genutzt und dabei effizient ausgelastet. Oder die Arbeit wird gleich von zu Hause aus erledigt.
Unternehmen, die sich in diese Richtung entwickeln, benötigen eines daher immer weniger: Konventionell gestaltete Bürogebäude der vergangenen Jahrzehnte. Selbst Bürobauten der jüngeren Vergangenheit, wenn sie nicht schon mit größtmöglicher Flexibilität in der Gestaltung geplant und visionär an den heutigen Bedarf angepasst wurden, sind nur noch schwer zu vermieten. Zudem besteht ein Überangebot an großen Büroflächen. Umbau und Sanierung lohnt sich daher für einen Eigentümer erst, wenn ein oder mehrere große Mieter gefunden sind. Das Gebot der Stunde lautet daher „Umnutzung“ konventioneller Büroflächen. Das bringt zwar zunächst keine Gewerbesteuer, kann den Standort aber stärken, wenn Bürokomplexe zu Bildungsstätten beispielsweise für weiterführende Schulen umgebaut und genutzt werden. Was vom Standpunkt der Ökologie und Nachhaltigkeit absolut sinnvoll ist, bringt zwar Vorteile aber keine direkten Einnahmen. Was ist also tun?
Eines gleich vorweg: ohne das Ausweisen neuer Gewerbeflächen werden wir nicht entscheidend vorankommen. Das haben die vergangenen Jahre gezeigt. Denn Bedarf gibt es durchaus. Produzierende Unternehmen, die für ihre Prozesse viel Wissen, Expertise und Erfahrung seitens der Mitarbeiter benötigen, brauchen attraktive Standorte, um genau diese Mitarbeiter gewinnen und halten zu können. Das Münchener Umland bietet diese Attraktivität. Und mit der „Finckwiese“ haben auch wir in Haar eine potenziell sehr gute Fläche. Das machen die Anfragen der letzten Jahre von teils sehr interessanten Firmen deutlich. Für eine gelingende Ansiedlung spielt der Faktor Zeit eine grundsätzliche Rolle. In den allermeisten Fällen geben Unternehmen auf Standortsuche einen Zeitrahmen von zwei bis drei Jahren vor. Dann sollen die neuen Gebäude bezugsfertig sein. Um einen solch straffen Plan umsetzen zu können muss auf einer Fläche bereits Baurecht bestehen. Nur dann wird eine Fläche bei der Standortauswahl berücksichtigt und bleibt im Rennen.
Auf der „Finckwiese“ haben wir nun, nach zähem Ringen im Gemeinderat, mit der Schaffung von Baurecht begonnen. Allein dieser Prozess wird ca. zwei Jahre in Anspruch nehmen. Dass sich viele Mitglieder des Haarer Gemeinderats damit nicht leichttun, ist verständlich. Niemand dort will gerne neue Flächen ausweisen und weiteren Boden versiegeln. Aber eine stark wachsende Kommune wie die unsere, kann ohne Gewerbeansiedlung und den daraus resultierenden Steuereinnahmen ihre Aufgaben nicht erfüllen. Der durch das Einwohnerwachstum steigende Anteil an Einkommenssteuer, den eine Kommune erhält, reicht dazu nicht aus.
Produzierende Unternehmen sind aber nicht die einzigen Firmen auf Standortsuche. Erfolgreiche und sich schnell entwickelnde junge Betriebe und Start up’s der verschiedensten Branchen wollen ebenfalls von den Vorteilen, die das Umland bietet, profitieren. Auch sie befinden sich im Wettbewerb um die besten Köpfe. Hinzu kommt, dass wirtschaftlicher Erfolg zunehmend auch vom Austausch in einem vielfältigen Netzwerk abhängt. Business-Campus-Modelle sind deshalb eine gute Möglichkeit, um Unternehmen anzusiedeln. Geschickt gestaltet bietet ein solcher Campus Raum für Kreativität, Wissenstransfer und Kooperation aber auch kurze Wege zu benötigten Ressourcen aus Geschäftsbereichen anderer Unternehmen. Ein gutes Beispiel ist der Business-Campus in Garching. Etablierte Firmen profitieren dort von den Ideen und vom Wissen junger Betriebe und umgekehrt.
Um einen erfolgversprechenden Campus aufzubauen, braucht es neben geeigneten Flächen vor allem eine intelligente Architektur. Innen wie außen. Flexibilität in der Gestaltung von Räumen ist auch hier oberstes Gebot. Und schützt zudem durch schnelle, einfache und kostengünstige Anpassungsfähigkeit der Gebäude vor Leerstand bei Wegzug von Unternehmen.
Solche Campus-Lösungen sind aber nicht nur für Unternehmen aus relativ jungen oder sehr dynamischen Branchen, wie beispielsweise Biotech, Raumfahrt oder Digitalisierung denkbar. Auch für Handwerksbetriebe braucht es neben geeigneten Flächen, gut durchdachtes, bewegliches Raumdesign. Ein solch moderner Gewerbehof könnte an der Blumenstraße 3 entstehen. Und nachdem die notwendigen Vorbereitungen für eine Neugestaltung dieser Fläche, die durch Nutzungen der Vergangenheit immer mal Altlasten aufweisen könnte, nun abgeschlossen sind, kann es auch dort losgehen.
So wie noch an einigen anderen Orten in unserer Gemeinde, die ebenfalls Potenzial für Gewerbeentwicklung haben. Einen Überblick finden Sie auf www.haar-ansatz.de
So oder so, wir werden durch gut gesteuerte Flächenentwicklung, gemäß unseren kommunalen Leitlinien, neues und zu uns passendes Gewerbe gewinnen und unsere Gemeinde wieder dauerhaft auf solide finanzielle Füße stellen. Dauerhaft auch deshalb, weil wir einen Fehler der vergangenen Jahrzehnte nicht mehr machen werden: sich auf wenige große Steuerzahler verlassen. Eine vielfältige, breit aufgestellte Unternehmenslandschaft verspricht nicht nur einen beständig attraktiven Standort, sondern auch eine stabile finanzielle Basis. Erfolgreiche Gewerbeentwicklung ist eine Aufgabe, die stets oben auf der Agenda stehen und in die investiert werden muss. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten