Die „Finckwiese“ ist die landwirtschaftlich genutzte Fläche südlich der Wasserburger Straße und östlich der Grasbrunner Straße. Ende 2016 sollte für BMW ein Forschungszentrum für bis zu 2000 Beschäftigte dort errichtet werden. Aufgrund der erwarteten, langen Verfahrensdauer entschied sich BMW am Ende aber für einen anderen Standort. Der Gemeinderat beschloss damals, das angelaufene Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans hin zu einem Gewerbegebiet zu beenden.
Seither gab es immer wieder Anfragen, wie beispielsweise die von Isar Aerospace sowie der Blackwave GmbH. Beide Unternehmen sind im Bereich der Raumfahrt tätig, für beide war die Finckwiese von großem Interesse. Leider lehnte eine damals noch vorhandene rot-grüne Mehrheit im Gemeinderat die Ansiedlung ab. Weitere Anfragen, beispielsweise aus dem Bereich Medizintechnik, brauchten den Gemeinderat gar nicht zu beschäftigen, denn stets war das fehlende Baurecht und damit ein langes Verfahren zur Schaffung desselben, ein K.O.-Kriterium.
Umso wichtiger war daher der Beschluss des Gemeinderats Ende vergangenen Jahres einen Teil der Fläche, nämlich die direkt an der Wasserburger Straße gelegenen Flurstücke mit einer Größe von ca. acht Hektar, als Gewerbegebiet auszuweisen. Seither läuft das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes.
Auf einen Blick …
Fast 40 Jahre ist es her, dass in Haar ein größeres Gewerbegebiet entwickelt wurde. 1985 war das, mit dem Beschluss in Eglfing im größeren Stil Gewerbe anzusiedeln. Seither ist Haar stark an Einwohnern gewachsen und hat einen entsprechenden Finanzbedarf. Die bestehenden Gewerbeflächen haben zwar teilweise sehr gutes Potenzial, reichen aber nicht mehr aus, um notwendige Einnahmen zu sichern. Zudem hat sich der Bedarf von Unternehmen auf Standortsuche in den vergangenen Jahren stark verändert. Die sogenannte Finckwiese kann viele der Kriterien, die dieser Bedarf mit sich bringt, abdecken. Die gewerbliche Nutzung der Fläche ist deshalb eminent wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde Haar.
Weshalb ist die Finckwiese als Gewerbegebiet mittlerweile so wichtig?
Die Gemeinde Haar ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen und hat mittlerweile mehr als 25.000 Einwohner. Das bringt zwar einen wachsenden Anteil an Einkommenssteuer in den gemeindlichen Säckel, reicht aber bei weitem nicht aus, um auch nur die Pflichtaufgaben zu erfüllen. Spätestens Anfang der 2010er Jahre hätte in Anbetracht des zu erwartenden Wachstums der Gemeinde Haar klar sein müssen, dass die bisherigen Gewerbeflächen bei weitem nicht ausreichen würden, um den zukünftigen Finanzbedarf Haars abzusichern,
Tatsächlich liegt der letzte Anstoß zu einer großen Gewerbeentwicklung in unserer Gemeinde fast 40 Jahre zurück. 1985 wurde das Gewerbegebiet in Eglfing beschlossen und damit aus der Taufe gehoben. Große Unternehmen wie die Versicherungskammer Bayern siedelten sich an – und verließen die Gemeinde bald wieder. Das große Pharmaunternehmen MSD beschloss Anfang der 90er Jahre, seinen Hauptsitz nach Haar zu verlegen und bescherte der Gemeinde sprudelnde Einnahmen. Auch diese Ära ging bekanntlich zu Ende und riss ein gewaltiges Loch in die Gemeindekasse. Die Einnahmen aus der Gewerbsteuer halbierten sich.
Die Hoffnung, dass sich der damit entstehende Leerstand bald wieder adäquat füllen würde, hat sich zerschlagen. Die Nachfrage nach konventionellen Büroflächen ist durch Homeoffice seit der Coronakrise stark gesunken; freistehende Büroflächen sind trotz sehr günstigen Mietzinses nach wie vor kaum zu vermieten. Wenn Anmietungen stattfinden, dann oft für eine behördliche Nutzung oder zur Unterbringung von Flüchtlingen. Beides bringt keine Gewerbesteuer mit sich. Im Falle des ehemaligen MSD Gebäudes am Lindenplatz 1 entstand deshalb die Idee, den seit langem geplanten Schulcampus aus FOS, BOS und Realschule, dort anzusiedeln. Schule statt Leerstand also. Eine gute Idee und ein Musterbeispiel für das Prinzip Innen- vor Außenentwicklung zwar, aber, selbstverständlich, keine Steuereinnahmen.
Gibt es keine anderen Flächen zur Gewerbeentwicklung?
Auch andere Flächen in Haar sind gut für eine Gewerbeentwicklung geeignet. Und wir werden sie alle über kurz oder lang brauchen. Sei es die Aufwertung der Gewerbegebiete an der Hans-Pinsel-Straße oder auch der Blumenstraße, die heute bereits besiedelt sind. Oder sei es der schmale Gewerbestreifen an der Peter-Henlein-Straße. Auch ein Teil der Gutswiese in Eglfing, die Eigentum des Bezirks Oberbayern ist, kann entsprechend entwickelt werden. Das Baseballfeld direkt am Haarer S-Bahnhof wäre ebenfalls eine Option.
Am vielversprechendsten aber ist die Finckwiese. Das hat mehrere Gründe:
- Bisher ist die Finckwiese als Maisacker genutzt, der aufgrund der intensiven Nutzung wenig Artenvielfalt aufweist. Bereits vor zwei Jahren haben wir im Gemeinderat einen Kriterienkatalog für ökologisch-nachhaltige Gewerbegebiete erarbeitet und beschlossen. Dieser würde hier zum Tragen kommen und beispielsweise mit Hilfe des Animal-Aided-Design eine weit höhere Biodiversität als bei der jetzigen Nutzung etablieren. Grünflächen sollen von Anfang an bei der Entwicklung mitgedacht werden, um größtmöglichen Nutzen für alle zu ermöglichen.
- Hauptsächlich bekommt unsere gemeindliche Wirtschaftsförderung derzeit Anfragen von Unternehmen aus den Bereichen Produktion, Fertigung oder Montage. Allesamt benötigen diese Interessenten eine gute Anbindung, sowohl was den öffentlichen Nahverkehr anbelangt als auch an die Autobahn.
- Die Lage der Finckwiese hat den Vorteil, dass der entstehende Verkehr die wenigste Belastung für die Haarer Bürger bedeutet. Wenn die Pendler in der Früh von der A99 oder aus der Stadtmitte über die B304 zur Finckwiese fahren, fahren sie genau entgegengesetzt wie die Haarer Pendler, die in die Stadt München oder zur A99 fahren.
Wir brauchen die Finckwiese als Gewerbegebiet, um unsere Gemeinde, und bald Stadt, wieder dauerhaft auf bessere finanzielle Füße zu stellen. Dauerhaft auch deshalb, weil wir einen Fehler der vergangenen Jahrzehnte nicht mehr machen werden: Wir werden uns nicht wieder nur auf wenige große Steuerzahler verlassen. Eine vielfältige, breit aufgestellte Unternehmenslandschaft verspricht nicht nur einen beständig attraktiven Standort, sondern auch eine stabile finanzielle Basis, mit der Haar das umfangreiche Angebot der Gemeinde an Bädern, Kinderkrippen, Kindergärten, eine große eigenständige Volkshochschule und Zuschüsse an die Vereine des Ortes langfristig finanzieren kann.